Besuch bei  Pfefferkorns

Alwinchen Tipsiwitt war eine Maus: hübsch, klein und freund-lich. Sie lachte gerne, sie schwatzte gern und überhaupt – sie war nicht gern allein. Nach einem verregneten Tag, an dem nicht einmal der Briefträger vor-beigekommen war, beschloss sie, ihre Nachbarn zu besuchen: Familie Pfefferkorn. Zuerst machte sie sich fein: Sie glättete ihr Fell mit einer alten Zahnbürste, sie bespritzte sich mit Käsespray und kämmte sich über der Stirn eine Locke. Und dann – tocktock – klopfte sie bei Pfefferkorns an die Kü-chentür. Niemand rührte sich.
Waren Pfefferkorns nicht zu Hause? Alwinchen öffnete die Tür einen Spalt. Die ganze Familie hockte vor dem Fernsehapparat. Steif und stumm. „Hallo“ rief Alwinchen. Aber von allen Seiten zischte es: „Ruhe!“ – „Pscht!“ – „Tür zu!“ – „Hinset-zen!“. Das war die ganze Begrü-ßung. Alwinchen setzte sich in die Ecke auf eine leere Keksdo-se. Aus dem Fernseher säusel-ten Stimmen:

Trinkt Hurrleburrle, das macht froh!
Esst Knickelknackel, das gibt Kraft!
Putzt Eure Zähne mit Dribbel-drabb!
Vertreibt die Katze mit Schrickel-schruck!

„Aha“, dachte Alwinchen, „Wer-befernsehen! Wenn es zu Ende ist, werden sie den Apparat schon abstellen“.
Falsch gedacht! Pfefferkorns warteten schon ge-spannt auf den Western:
„Ajax, die Supermaus in Arizo-na“. Alwinchen hustete. Sie putzte sich die Nase. Sie wisperte: „Es hat heute ganz schön doll ge-regnet!“. Aber niemand drehte sich zu ihr. Sie hockte weiterhin still in der Ecke. Fast eine Stunde lang. Plötzlich bekam sie die WUT. Eine richtige MÄUSEWUT. Hatte sie sich für die Katz´ so hübsch gemacht? Sprach denn keiner mit ihr ein Wort? Na wartet!“ Lei-se schlich sie in den Flur. Dort lief an der Wand die elektrische Leitung entlang. Mit drei Bissen – knipknapknup – knackte sie das Kabel durch.
Plop – plop – machte „Ajax, die Supermaus“ auf dem Bildschirm. Dann verschwand sie im Dunklen.

„Licht! Licht! Der Strom ist weg! Der Fernseher ist kaputt!“, schrien alle Pfefferkorns. Ein Stuhl fiel um. Die Kinder quiekten und purzelten über einander. Oma Pfefferkorn, praktisch wie immer, zündete eine Kerze an. Das war richtig gemütlich. Da fiel ihnen ein: Hatte nicht gerade Alwinchen Tipsiwitt in der Ecke gesessen? Wohin war sie gegangen? Es wurde ein lustiger Abend. Sie spielten „Maus ärgere Dich nicht“ und „Ich seh´ die Katz´, die Du nicht siehst“. Oma Pfefferkorn briet Kartoffelchips. Vater Pfefferkorn erzählte Mäusewitze. „Alwinchen, komm rein“, riefen die Kinder. „Wir wollen was spielen, wir wollen Geschichten erzählen“. Alwinchen lachte diesen Abend so sehr, dass sie sich dabei verschluckte. Mutter Pfefferkorn musste ihr den Rücken klopfen. Als Alwinchen gegen Mitternacht nach Hause ging, sagte Mutter Pfefferkorn an der Tür: „Besuch uns bald mal wieder. So einen lustigen Abend hatten wir schon lange nicht mehr!“.

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